Stichzimmer

Im Stichzimmer und im Venezianischen Salon befindet sich Max Reinhardts einzigartige Sammlung von Stichen, Radierungen und Gemälden. Dass sich schon in der Gemäldegalerie des ersten Schlossbesitzers, des Grafen Laktanz, Werke von Ferdinando Galli da Bibiena, Pietro Longhi und Giovanni Domenico Ferretti befunden haben, verdient in diesem Zusammenhang erwähnt zu werden.

Da fest mit dem Haus verbundene Gegenstände beim Hausverkauf nicht entfernt werden dürfen, sind die im Kupferstichkabinett fest verschraubten Bilder sowie jene des Venezianischen Salons erhalten geblieben. 

Den Durchgang zum Venezianischen Salon bildet das kleine, feine Stichzimmer. Es wurde 1930 vom Kunsttischler Anton Widerin aus dem Stadtteil Itzling mit Nussbaumpaneelen vertäfelt, worin die Bilder eingepasst wurden. Widerin fertigte übrigens in den 1930er Jahren die Wandvertäfelung des Café Tomaselli und nach 1945 die Kirchenbänke und Beichtstühle des bombardierten Salzburger Doms an. Insgesamt 69 Stiche und Gemälde aus dem 17. und 18. Jahrhundert zeigen u.a. barocke Theaterszenen von Ferdinando Galli da Bibiena (1656–1743) in streng gegliederten perspektivischen Raumkompositionen. Die Stiche von Lodovico Burnacini (1636–1707) zeigen spielerisch-frivole Szenen aus der Welt der Rokoko-Oper. Weiters finden sich Veduten von Venedig, Jahrmarktsbilder und barocke Feste. Darstellungen barocker Gartentheater dienten Reinhardt wohl als Anregungen für sein eigenes Gartentheater. 

 

Höhepunkte bilden 11 von insgesamt 24 noch existierenden Radierungen der berühmten ‚Balli di Sfessania‘-Serie von Jacques Callot (1592–1635). Sie gehören zu den bedeutendsten Bildnissen der italienischen Commedia dell’arte überhaupt, voll tänzerischer Virtuosität und leidenschaftlicher Wildheit. Von den insgesamt 21 noch vorhandenen ‚Gobbi‘-Radierungen, also Darstellungen von Zwergen, ergänzen hier 12 Blätter die Callot-Sammlung.

Die vielleicht größte Kostbarkeit stellt eine überaus seltene Maskenserie aus der Zeit um 1600 des Antwerpener Stechers und Malers Jakob de Gheyn II. (1565–1629) dar. De Gheyn II. gehörte zu den angesehensten Kupferstechern seiner Zeit, widmete sich aber ab dem Alter von 40 Jahren nur mehr der Ölmalerei. Von dieser Maskenserie sind nur 5 Besitzer bekannt.

Max Reinhardt:

Max Reinhardt und Schloss Leopoldskron; es ist eine Liebesgeschichte. Kein Jahrestag, keine Jubiläumsansprache, in der nicht die Sätze des Regisseurs zitiert würden, berühmte Sätze, die er schrieb, einen Ozean vom Schloss entfernt, mit heißem Herzen im spätsommerlichen New York:

Ich habe achtzehn Jahre in Leopoldskron gelebt, wirklich gelebt und ich habe es lebendig gemacht. Ich habe jedes Zimmer, jeden Tisch, jeden Sessel, jedes Licht, jedes Bild gelebt. Ich habe gebaut, gezeichnet, geschmückt, gepflanzt und geträumt davon, wenn ich nicht da war. Ich habe es geliebt im Winter und im Sommer, im Frühjahr und im Herbst, allein und mit vielen. Ich habe es immer feiertäglich geliebt; nie als etwas Alltägliches. Es waren meine schönsten, reichsten und reifsten Jahre und sie tragen Deinen Namen - (da meinte er natürlich seine Gefährtin Helene).

Es war eines der schönsten, lebendigsten Gehäuse der Welt. Es war nur ein Gehäuse. Ich habe es verloren, ohne zu jammern. Ich habe alles verloren, was ich hineingetragen habe. Es war der Ertrag meiner Lebensarbeit. Ich konnte froh, glücklich und ganz unversehrt weiterleben.

Es war nur ein Gehäuse … Vor allem die letzten Sätze wurden und werden gerne wiederholt – als tröstlicher Beleg für des Regisseurs lebensweise Gelassenheit. Verlust und Vertreibung konnten diesem Ausnahmekünstler anscheinend nicht wirklich etwas anhaben. Liest man das Reinhardtsche Schreiben jedoch in voller Länge, die vielen Seiten bis zum Schluss, teilt sich etwas anderes mit: nämlich die tiefe Verzweiflung eines Mannes, der sich betrogen fühlt: Um Leopoldskron – um die Leistung seines Lebens.

Aber wer war dieser Max Reinhardt eigentlich. Für die Salzburger war er ein Jude aus Deutschland. Ein Berliner. Oder war er Wiener? (in Wien ist er tatsächlich aufgewachsen; für Salzburger freilich nur eine marginale Verbesserung). Sicher war, da kam einer, der als Österreicher in Preußen eine unfassbare Karriere gemacht hatte. Der junge Reinhardt in der aufstrebenden, rastlosen Großstadt, er saugte alles in sich auf. Die Diskussionen in den Cafés, die neue Kunst in den Galerien … und immer wieder, dankbar, überwältigt: die Musik. Das Berlin um die Jahrhundertwende mit seinen Konzerthallen und Theatern hat ihn geprägt. In den ersten fünf Jahren des neuen Jahrhunderts, zwischen 1900 und 1905 wurde Max Reinhardt zu dem, den wir kennen. In diesem kurzen Zeitraum, mit einer Schnelligkeit, die atemlos macht, wurde aus einem zweifelnden, unsicheren Jungschauspieler, der nicht mal über einen Realschulabschluss verfügte, ein zielbewusster Künstler und Unternehmer, Regisseur und Theaterleiter.

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