Die Architektur von Schloss Leopoldskron

Schloss Leopoldskron präsentiert sich dem Betrachter kompakt, stark konturiert und streng gegliedert. Das liegt an seiner Grundform: ein nahezu vollkommener Quader. Der reiche Fassadenschmuck und die bewegten Formen des Mittelrisalits stehen dazu in deutlichem Gegensatz. Dieser Kontrast und die harmonische Einbettung in die landschaftliche Umgebung sind das Besondere an Leopoldskron.

Das Schloss ist auf das Massiv des gegenüberliegenden Untersbergs ausgerichtet. Je nach Blickrichtung spiegeln sich die Alpensilhouette rund um Berchtesgaden oder die Schlossfassade auf der Wasseroberfläche des Leopoldskroner Weihers.

Die Mitte des Schlosses dient vor allem der Begegnung: Von der großen Empfangshalle im Erdgeschoss gelangt man über das seitliche Treppenhaus in den zweigeschossigen lichtdurchfluteten Festsaal. Darüber befindet sich die Galerie, ein Veranstaltungsraum mit gleicher Grundfläche, aber geringerer Raumhöhe. Hier befand sich im 18. Jahrhundert die Malergalerie von Franz Laktanz Graf Firmian (1709–1786).

Die Kapelle und das Treppenhaus liegen aneinander grenzend im Westflügel des Schlosses. In den oberen Geschossen beider Flügel befinden sich Wohnräume und Hotelappartements. Die Repräsentationsräume der Beletage können vom Treppenhaus durch Enfiladen betreten werden. Das war früher auch in den später veränderten oberen Stockwerken der Fall. Barocke Öfen stehen in den jeweils innen liegenden Ecken der Räume. Sie wurden von fensterlosen Heizgängen aus beschickt. Im zweiten Stock verbinden Emporen an beiden Fensterfronten des Festsaales den West- und Ostflügel.

Die beiden Hauptfassaden des Schlosses sind gleich gestaltet. Parallelfugen im Erdgeschoss und drei Gesimse gliedern die Fassade horizontal. Das stark vorkragende Gebälk über dem dritten Geschoss grenzt das darüber liegende einfache Mezzaningeschoss deutlich ab. Ein weiteres Gesims und eine schmale Attika beschließen den Bau. Die Fassadenflügel mit ihren fünf Fensterachsen sind zurückhaltend durchgestaltet. Die Seitenrisalite sind nur ein wenig abgesetzt und durch Lisenen sowie durch aufwendigere Bedachungen im ersten Stock leicht betont.

Den beiden Gebäudezugängen sind Altanen mit Rundbögen vorgesetzt, die auf vier starken Pfeilern ruhen und eine Marmorbalustrade tragen. Darüber erhebt sich der dreiachsige Mittelrisalit der Fassade. Vier marmorne Pilaster mit Kompositkapitellen halten das zweite und dritte Geschoss zusammen. Die Verdachungen der Fenster und die aufgebogenen marmornen Sohlbänke betonen die Vertikale. Zwei seitliche Voluten flankieren das Giebelgeschoss. Darüber verweist eine stuckverzierte Kartusche mit Wappen und Metallkrone auf die Familie Firmian. Das stark profilierte Gesims des abschließenden Rundbogens betont das Wappen.

Der Salzburger Hofgärtner und Architekt Franz Anton Danreiter (1695–1760) hat im Jahr 1740 eine Zeichnung nach Plänen angefertigt. Sie zeigt das Schloss mit einem Mansardwalmdach und einem Turm. Auf späteren Darstellungen ist das Schloss aber in seiner heutigen Form ohne Mansarde und ohne Turm abgebildet. Es ist unklar, ob der Turm überhaupt errichtet oder ob er errichtet und später wieder abgetragen worden ist.

Bauherr und Architekt
Die Salzburger Erzbischöfe Johann Ernst Graf Thun (Amtszeit 1687 bis 1709) und Franz Anton Fürst Harrach (Amtszeit 1709 bis 1727) hatten die angesehensten Architekten des Wiener Hofes und Hochadels nach Salzburg verpflichtet: Johann Bernhard Fischer von Erlach arbeitete 15 Jahre lang für Erzbischof Johann Ernst. Er gab Salzburg sein barockes Stadtbild. Lukas von Hildebrandt war der Hausarchitekt der Familie Harrach in Wien. Er errichtete das Schloss Oberes Belvedere für Prinz Eugen in Wien und gleichzeitig das Schloss Mirabell von 1721 bis 1727 in Salzburg. 

Erzbischof Leopold Anton Firmian (Amtszeit 1727–1744) folgte nicht dem Vorbild seiner beiden Vorgänger. Er beauftragte den jungen adeligen schottischen Benediktinerpater Bernard Stuart (1706–1755) mit der Planung von Schloss Leopoldskron, obwohl dieser keine Architekturkenntnisse besaß. Wie war das möglich? Bernard Stuart hatte im Regensburger Benediktinerstift St. Jakob ab dem 12. Lebensjahr eine zehnjährige Ausbildung genossen. Sie umfasste auch die „Sieben freien Künste“ und bildete die Grundlage für Stuarts Kenntnisse der angewandten Arithmetik, Geometrie und Astronomie. Der Abt des Klosters St. Jakob Thomas Placidus Flemming (1642–1720) hatte eine besondere Beziehung zu diesen Fächern, weil er vor seiner Priesterausbildung als Offizier in der Royal Navy gedient hatte und sie aus eigener Erfahrung beherrschte. Nach zwei Jahren Theologiestudium in St. Jakob kam Stuart im Jahr 1728 oder 1730 als Kaplan des Benediktinerinnenklosters Nonnberg nach Salzburg und erhielt 1733 eine Mathematik-Professur an der Universität Salzburg.

Schloss Mirabell, Vorbild für Schloss Leopoldskron
Stuart konnte sich bei der Planung von Leopoldskron sicherlich auf die große Erfahrung des Leiters der Hochfürstlichen Hof-Baumeisterei Friedrich Koch (um 1673–1736) stützen. Koch hatte Schloss Mirabell nach den Plänen von Lukas von Hildebrandt errichtet. Ein Vergleich der Schlösser Mirabell und Leopoldskron legt zudem nahe, dass Stuart angewiesen wurde, sich an Schloss Mirabell zu orientieren. Firmian konnte so den aktuellen ästhetischen Erwartungen des Adels voll entsprechen und die hohe gesellschaftliche Stellung seiner Familie im Erzbistum Salzburg und im österreichisch-habsburgischen Kulturraum deutlich betonen.

Die Außenfassade des Osttraktes von Schloss Mirabell wurde – in abgewandelter Form – für den Aufbau der beiden Hauptfassaden von Leopoldskron zum Vorbild genommen: Riesenpilaster verbinden in beiden Gebäuden das erste und zweite Obergeschoss. In Leopoldskron betont – an Stelle des Turmes – der dreiachsige Mittelrisalit mit seinem zusätzlichen Giebelgeschoss die vertikale Gliederung. Auf die Wirkung großer Ecktrakte wurde in Leopoldskron verzichtet. Stattdessen realisierte man Seitenrisalite mit zwei Achsen und aufgesetzten Barockgiebeln. Vom Gartentrakt des Schlosses Mirabell wurden die mittige Anordnung der Empfangshalle und des Fest bzw. Marmorsaales sowie wichtige Gestaltungselemente des Stiegenhauses übernommen. Die Außenfassade des Gartentraktes von Schloss Mirabell war für die bewegten Fensterumrahmungen und Fensterüberdachungen der Fassaden in Leopoldskron bestimmend.

Wichtige Umbauphasen des Schlosses
In den Innenräumen ist die originale barocke Erscheinung der Empfangshalle, der Kapelle, des Stiegenhauses und des Festsaales weitgehend erhalten. Das Schloss wurde aber immer wieder den Bedürfnissen der jeweiligen Eigentümer angepasst. So sanierte Max Reinhardt den Keller, die Böden und das Dach und ließ eine Heizung sowie ein Kühlhaus einbauen. Max Reinhardt schreibt noch am 20. Juli 1943 aus New York an Helene Thimig, dass das Schloss mit elektrischem Licht versehen und eine komplizierte Deckenbeleuchtung eingebaut wurde. Der Umbau der Repräsentationsräume im 1. Stock fand in den Jahren 1926 und 1927 statt.

Nach dem Kauf unterzog das Salzburg Global Seminar das Schloss in den Jahren 1959 bis 1962 einer gründlichen Renovierung, um die Bausubstanz zu erhalten, um Fassade und Teile der Innendekoration wieder aufzufrischen und um es ganzjährig benutzbar zu machen. Im Ostflügel wurden ein Personenaufzug errichtet, sowie im 3. Obergeschoss Studentenwohnungen geschaffen und deren Bäder 1991 erneuert. 2017 wurde der Ostflügel mit den Architekten Fally plus Partner saniert. Neun bestehende Suiten des Ostflügels, davon fünf im 3. Obergeschoss, wurden aktuellen Standards angepasst, störende frühere Einbauten entfernt und die Räume weitgehend auf ihre frühere barocke Geometrie zurückgeführt.

Stilistische Einordnung
Für die Bauform des Salzburger Schlosses Leopoldskron sind zwei Gestaltungsmerkmale charakteristisch: 

  • eine sehr kompakte äußere Form,
  • und eine formal und funktional völlig optimierte innere Raumstruktur.

Schloss Leopoldskron folgt daher eher klassizistischen als barocken Gestaltungsprinzipien. Das sind: Klarheit und hierarchische Tiefengliederung aller tragenden Elemente, Harmonie und Gleichgewicht der Volumina, rechtwinkelige Ausrichtung der geraden Linien sowie ein zurückhaltendes Dekor. Diese Merkmale kommen der Strenge, Disziplin und Zielstrebigkeit des Bauherrn sehr entgegen.